Am vergangenen Wochenende habe ich eine Reise ins schöne Oberengadin unternommen. Im ganzen Engadin ist die Lärchenfärbung gerade auf ihrem Höhepunkt. Leider hat an beiden Tagen aber das Wetter nicht mitgespielt, so war Sonne selten und dafür gab es wiederholt Regen und Nebel.
Am Samstag habe ich die an sich relativ kurze Besteigung des Piz Julier von der Julierpassstraße aus unternommen. Ausgangspunkt ist die untere, kleine Parkbucht auf ca. 2.160 m, nicht der größere Parkplatz bei der Alp Güglia. Bis zur Furocla Albana war es noch schneefrei, dafür aber windig. Der "Eisenweg" von dort zum Gipfel wäre dann bei trockenen Verhältnissen eine relativ leichte Bergtour mit einigen Sicherungen - ein Klettersteig-Set wäre kaum sinnvoll einsetzbar. Am Samstag gab es aber trotz Südlage und der schon länger andauernden eher hohen Temperaturen spätestens ab ca. 3.100 m eine weitgehend geschlossene Schneedecke. Dadurch war die Wegfindung z.T. ziemlich schwierig und der Aufstieg deutlich schwieriger und auch länger. Leider hatte ich auch Steigeisen und Pickel aufgrund deutlich zu großen Optimismus (und eines optimistischen Berichts in einem anderen Forum) im Auto gelassen. Nur mit Snowlines nicht so toll.
Das eigentlich grandiose Bergpanorama vom Piz Julier, der recht freisteht und der höchste Punkt in der Umgebung ist, beschränkte sich dann auf wenige Meter Sicht. Wer den Piz Julier bei solchen Verhältnissen und ggf. ohne Spur besteigen will, sollte sich auf eher auf eine Hochtour (ohne Gletscher) einstellen.
Nachdem es auch über Nacht geregnet hatte und am Morgen wiederholt leicht tröpfelte, war ich dann für Sonntag nicht mehr optimistisch und zweifelte schon sehr an meiner Tourenplanung (so schlecht war das Wetter doch nicht angesagt?). Letztlich ging sich aber doch der Klettersteig "Resgia" mit der Fortsetzung "Languard" in Pontresina aus. Und dann noch die Besteigung des Piz Languard oberhalb der schon geschlossenen Chamanna Georgy (für eine Beschreibung ohne den Klettersteig siehe im Tourentipp-Archiv). Zu den beiden Klettersteigen kann ich auf die Beschreibung im Portal bergsteigen.com verweisen. Der Klettersteig ist mit einer enormen Zahl an Trittbügeln versehen und dadurch deutlich leichter, als man vom Gelände meinen könnte. Nur beim "Adlerhorst" passt die Beschreibung auf bergsteigen.com m.E. nicht - der kurze Überhang hat zwar Trittbügel, ist aber doch "kraftig". Wenn das wie in der Beschreibung Schwierigkeit C/D sein soll, kann die obere Stelle ("Spinnennetz") nie C/D sein - die ist viel leichter. In diese Richtung gehen auch die Kommentare auf der genannten Website. Trotz der vielen Trittbügel würde ich angesichts der Länge und einiger größerer nötiger Fußabstände den Klettersteig für Kinder nicht empfehlen.
Zum Piz Languard war dann deutlich mehr los und dank deutlich weniger Schnee habe ich nicht einmal Gamaschen gebraucht. Sicht leider auch hier sehr gering, obwohl auch der Piz Languard ebenfalls ein sehr guter Aussichtsberg sein soll. Ein bisschen Aussicht konnte ich beim Abstiegs-Abstecher zur wirklich traumhaft gelegenen, aber auch schon geschlossenen Chamanna Paradis nachholen.
Samstag und Sonntag waren auch die beiden Aufstiegshilfen zu Muottas Muragl und zur Alp Languard noch in Betrieb (mit wirklich gesalzenen Preisen - da laufe ich lieber ...).
Im touristisch sehr beliebten Oberengadin muss ich leider die Angabe aus der Beschreibung auf bergsteigen.com bestätigen, dass sie "parkplatzfeindlich" sind. In Pontresina gibt es praktisch keine kostenlose Parkmöglichkeit. Die Preise für das Parken sind wirklich beträchtlich (der Klettersteig-Parkplatz "Resgia" kostet etwa 15 CHF pro Tag; Münzen bereithalten), viele Parkplätze sind zudem noch zeitlich stark limitiert (nicht nur im Ort, aber dort besonders) und meistens muss man vorher die Parkzeit auf Stunden genau angeben, wenn man nicht gleich den Tages-Höchstpreis entrichten will. Je weiter außerhalb der Orte, desto "billiger" wird es offenbar. Insofern stimmen die Informationen in der Routenbeschreibung im Tourentipp-Archiv auch nicht mehr. Das "parkplatzfeindlich" würde ich fast ergänzen mit "bergsteigerfeindlich" - man merkt schon sehr, dass sie im Oberengadin ihr Geld eher mit Spaziergängern und allenfalls Wanderern machen, nicht aber mit Bergsteigern.
Der Klettersteig ist nur von Juli bis Oktober geöffnet. Im Gebiet gibt es auch weitläufige Wildschutzgebiete. Davon, diese Bestimmungen zu ignorieren, würde ich angesichts drastischer Strafen in der Schweiz deutlich abraten.
Bilder:
Blick von der Fuorcla Albana zum weiteren Anstieg zum Piz Julier:
Kurz gibt es sogar eine mit Geländer gesicherte Stelle - hier geht es aber auch durchaus herunter (die Sicht wurde leider nicht besser):
Gleich wieder zurück an der Julierpassstraße - mittlerweile vollends im Regen:
Blick auf den "La Resgia-Klettersteig" in Pontresina:
Die Seilbrücke und dann ein Überhang stellen die anspruchsvollste Stelle des Klettersteigs dar (trotz Trittbügeln nicht unterschätzen, ohne wäre es E):
Steinböcke im Klettersteig (hier ist nur noch ein Teil sichtbar) - die wahren Meister der Berge brauchen natürlich kein Drahtseil:
Blick von der Alp Languard hinab nach St. Moritz:
Bei der geschlossenen Chamanna Georgy:
Das Vermessungssignal auf dem Piz Languard (hinter dem daneben befindlichen Gipfelfels gibt es eine Infotafel):
Blick von der Chamanna Paradis zum Morteratschgletscher - bei guter Sicht würde man wunderbar hinüber zu den Eisgipfeln der Bernina sehen: