Wenn der Wind ein Wort mit spricht,
kann es auch bei eigentlich warmen Temperaturen ungemütlich werden. Tatsächlich waren Wetter und Wind bei unserer Tour die limitierenden Faktoren, die uns die ein oder andere Planänderung aufzwangen. Dazu später mehr; jetzt erst mal allgemein zu den Bedingungen:
Gute, oberhalb von 2500 Metern sehr gute Schneelage. Der Wind hat den Schnee sehr kompakt gepresst und auf den Gletschern (,auf denen wir waren,) kann man daher ohne Seil unterwegs sein. Lawinengefahr in meinen Augen fast gegen Null tendierend: Es waren nicht einmal an klassischen Punkten (zB Aufstieg zur Martin Busch) Rutsche zu erkennen. Die Schneequalität war deutlich besser als man bei dem vielen Wind meinen würde. Verschiedene Formen von windgepresstem Schnee, die sich aber bei entsprechender Entschlossenheit wirklich gut fahren ließen.
Nun zur Tour:
Freitag: Martin Busch Hütte und Similaun.
Eigentlich hatte der Wetterbericht für den Freitag gutes Wetter angekündigt, doch am Donnerstag Abend war dann plötzlich die Rede von einer kleinen Warmfront, die im Laufe des Tages durchziehen sollte; am Nachmittag sollte es dann wieder besser werden. Wir starteten um 9 in Vent bei strahlendem Sonnenschein und deponierten Essen etc im Winterraum der MBH, bevor es weiter Richtung Similaun ging. Am Nachmittag zog es dann zu und ein wilder Sturm kam auf, sodass wir auf 3300 Metern umdrehten und zur Hütte abfuhren. Erst gegen 9 Uhr abends besserte sich schließlich das Wetter.
Winterraum MBH: "Pragmatisch eingerichtet", wenn man es nett ausdrücken möchte. Gmiatlich is anders, aber alles da, was man braucht, vor allem genug Brennholz. Toilette (ein Dixie draußen) aber im Grunde wegen Überfüllung nicht nutzbar...
Samstag: Similaun - Hauslabjoch - Hochjochhospiz - Guslarspitzen - Vernagthütte
Natürlich wären wir nach dem ursprünglichen Plan am Samstag nicht nochmal auf den Similaun, doch wollten wir diese schöne Tour auch nicht einfach weglassen. Wir sind hoch wie runter über den steileren (linken) Teil des Niederjochferners. Eine wirklich schöne Abfahrt! Schon am Gletscher starker Wind, der sich ab dem Skidepot etwa 120 Meter unter dem Gipfel zum Orkan auswuchs. Da waren wir am Grat froh um die Steigeisen, die sonst nicht nötig gewesen wären, uns aber den nötigen Halt bei den Turbulenzen gaben.
Abfahrt bis etwa 2800 Meter und dann Aufstieg ins Hauslabjoch (auf Fineilspitze hatten wir bei dem Sturm keine Lust mehr). Abfahrt + kleiner Gegenanstieg zum HJH, wo wir um halb 3 ankamen. Dort trafen wir Hüttenwirt Florian und seine Mannschaft, die mal nach dem Rechten schauen wollten (Hütte öffnet Anfang März). Das war für uns aber keine Überraschung, denn Florian hatte mir schon am Freitag am PP gesagt, dass sie am Samstag mit dem Heli hochfliegen. Für uns Laien war es dann spektakulär zu beobachten, wie der Heli sie wieder abholte. Nun wäre es natürlich sehr verlockend (und im Nachhinein auch gescheiter) gewesen, im Winterraum des HJH, den man nur als urgemütlich und exzellent eingerichtet beschreiben kann, zu bleiben. Allein wären wir auch gewesen. Doch da unsere Ziele für Sonntag im Bereich der Vernagthütte lagen, sind wir nochmal 750 Hm zu den Guslarspitzen hoch und haben die VH im letzten Abendlicht um 18 Uhr erreicht. Hier großer Trubel und wir haben gerade noch die letzen freien Betten bekommen. 20 Leute dort im Winterraum...
Der Winterraum der VH ist grundsätzlich gut eingerichtet mit einem funktionalen WC. Wenn so viel los ist, natürlich etwas turbulent. Holz ist aber nicht mehr übermäßig viel da.
Sonntag: Schwarzwandspitze
Wir hatten freilich die Hoffnung, dass sich der Wind etwas legen würde, aber das Gegenteil war der Fall. Während es gestern Abend auf der VH fast windstill war, fegte mir heute beim Öffnen der Tür schon gleich ein ordentlicher Schneestoß entgegen. Dennoch sind wir auf dem üblichen Weg noch zur Schwarzwandspitze. Auf die eigentlich zusätzlich geplante Hochvernagtspitze haben wir dann verzichtet und sind nach Vent abgefahren (Gegenanstieg nötig).
Irgendwie aber auch einfach ein eindrucksvolles Naturerlebnis! Im Anstieg zur SWS herrschte am Gletscher immer ein starker Wind (um 50km/h), der ständig die Richtung wechselte. Beim Blick zum Kamm hoch, konnte man dann in Form von mächtigen Schneewirbeln immer auch schon frühzeitig erkennen, dass die Söhne und Töchter des Aiolos sich wieder rüsten, um mit voller Gewalt über den Skitourengeher hereinzubrechen. Bei den Böen musste man einfach kurz stehenbleiben, damit es einen nicht umhaut...
Wie froh und dankbar bin ich da um Claudia als Tourenpartnerin, die so etwas mitmacht!
Eine Anmerkung zur Schwierigkeit der Tour: Nach alpinen Begriffen eher einfach, geht bei guten Bedingungen nicht über Hochtouren WS+ hinaus. Spitzkehren braucht es eher selten. Keinesfalls unterschätzen darf man abgesehen von den hochalpinen Herausforderungen (Gletscher, Wetter etc.) die enormen Distanzen, die zudem in großer Höhe zurückgelegt werden müssen.
Bilder:
1: Im Anstieg zum Similaun erreichen uns die ersten Sonnenstrahlen: Fantastisch die Länge der Schatten.
2/3: Sturm am Similaun.
4: Ein Ausschnitt des gewaltigen Panoramas.
5: Guter Schnee in den steilen Mulden unter dem Gletscher.
6: Im Aufstieg zum Hauslabjoch mit Blick auf Similaun, Hintere Schwärze und Co.
7/8: Abfahrt zum Hochjochhospiz; bei Bild 7 sieht man die Fineilspitze.
9: Markant in der Bildmitte die Hochvernagtspitze; links davon unscheinbar Schwarzwandspitze.
10: Völlige Einsamkeit im Hochgebirge: Ich liebe es!