Predigtstuhl-Reibn - Skitour im Chiemgau

  • Gipfel
    Abereck, Heuraffelkopf, Predigtstuhl
    Höhe
    um 1500 Meter
    Gebirge
    Chiemgauer Alpen
    Art der Tour
    Skitour
    Datum der Tour
    23. Januar 2022
    Ausgangspunkt
    Frasdorf Lederstube, 3 Euro
    Gefahreneinschätzung
    erheblich
    Exposition der Route
    Nord und West

    Route => Skitour Aberg Predigtstuhl Klausenberg


    2 Traumtage in "Klein-Kanada"


    Wir waren gestern und heute mal wieder in einem unserer Lieblings-Tourengebiete am Predigtstuhl und wurden nicht enttäuscht: Schnee bis zum Abwinken, tolle Abfahrten und viele schöne Begegnungen mit anderen Tourengehern. Aufstieg und Abfahrt sind vom PP aus möglich. Route: PP - Eiskeller - Abereck - Heuraffelkopf - Abergalmen - Predigtstuhl und dann diverse Varianten (vor allem im Bereich der Nikolai-Abfahrten zur Oberwiesenalm).


    Samstag: Skifahrerisch eindeutig der bessere Tag. Es hatte bereits in der Nacht ordentlich geschneit und flockte den ganzen Tag durchgehend bei starkem Wind weiter - ich schätze, dass die Neuschnee-Menge im Predigtstuhl-Kessel am Abend so bei 70-80cm lag. Zum Skifahren waren die Bedingungen mit fluffigem Pulver perfekt und in den Waldscheisen war auch die Sicht ausreichend. Es war nur ganz wenig los, was zum einen natürlich unberührte Hänge garantierte, aber zum anderen auch bedeutete, dass nach jeder Abfahrt mehr oder weniger neu gespurt werden musste.


    Sonntag: In der Nacht hatte es weitere 20cm geschneit, allerdings war der Neuschnee deutlich feuchter und schwerer, sodass zwar immer noch sehr gute, aber nicht mehr so feine Bedingungen wie am Samstag herrschten. Insbesondere im Wald ließ es sich weiterhin fein schwingen. Die Lawinengefahr war ebenfalls deutlich höher als am Samstag; dazu später mehr.


    Generelles: Ich sag bei der Tour immer: Das Paradies beginnt hinter´m Abereck. Lohnend ist die Tour insbesondere dann, wenn genügend Kondition für mehrere Abfahrten im Bereich Predigtstuhl/Klausenberg vorhanden ist. Ich habe das bei früheren Berichten auch schon geschrieben, möchte es aber nochmals betonen, weil ich auch schon die Erfahrung gemacht habe, dass ich die Tour enthusiastisch Freunden/Verwandten empfohlen habe, die dann trotz guter Bedingungen nur mittelmäßig begeistert waren...


    Gefahrenlage:

    Das wird jetzt etwas ausführlicherer...

    Punkt 1 (verdeckte Steine) ist dabei schnell abgehandelt: Da lauern wegen der dürftigen Unterlage noch einige. Ich habe gestern kurz vor der Oberwiesenalm einen Salto geschlagen, heute hat es ein Kollege beim gleichen Stein sogar auf einen doppelten gebracht! Passiert ist aber nichts und das Problem sollte sich, sofern der Wetterbericht stimmt, bald erledigt haben.

    Punkt 2: Lawinen

    Wir waren an beiden Tagen bei der Wahl der Abfahrten sehr defensiv und sind hauptsächlich in den westseitigen, waldigen Bereichen abgefahren. Ostseitige Varianten erschienen uns aufgrund der starken Einwehung (starker Sturm!) zu riskant (auch am Samstag schon) - heute kam dann noch der feuchte Neuschnee aus der Nacht hinzu (= gebundene Schneedecke).

    Es gab zwei größere Lawinenereignisse im Gebiet.

    1. Bei der "Großen Nikolai" gibt es eine steile Ausfahrtsvariante (im Abfahrtssinne links), bei der es durch etwas Gestrüpp vom Wald ins Almengelände geht. Hier fuhr eine Gruppe Skifahrer, wobei sie schon vor der Einfahrt in den Steilhang ein Schneebrett mittlerer Größe auslösten. Aufgrund der Fernauslösung keine Verschüttungen.

    2. Aberg-Ost: Damit meine ich den steilen ostseitigen Kessel zwischen Abereck und Heuraffelkopf; die Abfahrt führt zu den Elland-Almen. Hier löste ein Alleinfahrer gleich mehrere Lawinen aus und wurde dabei verletzt (Bergwacht und Hubschrauber im Einsatz). Im Gegensatz zur ersten Lawine, die wir von der Oberwiesenalm aus sozusagen live miterlebt haben, kann ich hier nur eine Nachbetrachtung anstellen: Als wir abends am Rückweg waren, haben wir am Abereck eine Gruppe von Bergwachtleuten getroffen, die sich den Unfallhergang auch nochmal angeschaut haben, mit ihnen gesprochen und uns auch selbst ein Bild gemacht. Mein Resummee: Die Abfahrt selbst ist zwar steil, aber lawinentechnisch nicht das Problem, sondern die enorm steilen Flanken auf beiden Seiten: Der Tourengeher fuhr ein, löste wohl gleich beim ersten Schwung ein Schneebrett in der linken Flanke (im Abfahrtssinn) aus, das ihn aber nicht erwischte. Als er weiter unten war, kam es durch Fernauslösung zum Abrutschen der gesamten Gipfelflanke des Heuraffelkopfes (sehr steiles Schrofengelände). Der Betroffene wurde wohl nicht ganz verschüttet, da er um Hilfe rufen konnte.

    Genau dieses Phänomen der Fernauslösung der steilen Flanken habe ich mittlerweile bei dieser Abfahrt nun schon drei Mal (in den letzten 12 Monaten) beobachtet; in den beiden anderen Fällen ging es folgenlos ab. Ich/wir sind da auch noch nie runter. Auch die "oft lahnige Ostabfahrt" (Markus Stadler), die zwischen Predigtstuhl und Klausenberg zur Baumgarten-Alm führt, wurde heute befahren. Sie weist ein ähnliches Gefahrenprofil auf wie die Aberg-Ost. Bei passenden Bedingungen ist das eine der schönsten Abfahrten im Gebiet, aber uns war das definitiv zu heikel.

    Was der Tag heute aber auf jeden Fall wieder gezeigt hat, ist, dass der LLB nur eine Orientierung ist, die immer eine orts- und situationsbezogene Überprüfung erfordert. Nominell galt im Gebiet unterhalb von 1500 Metern (beide Lawinen waren darunter) ein 2er, de facto war es aber ein 3er.


    Bilder:


    1/2: Vergleich Samstag/Sonntag

    3: Ein Schneesturm ist zwar vielleicht manchmal ungemütlich,

    4: sorgt aber für sensationelle Abfahrten...

    5: Tiefschnee im wörtlichen Sinne.

    6-8: In Kloa Kanada samma dahoam.

    9: Schneebrett bei der Großen Nikolai

    10: Lawine Abereck/Heuraffelkopf; ich hoffe man kann die Anrisse und die Ausmaße erkennen. Die Personen sind die Leute von der Bergwacht.


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