Brenta-Rundtour

  • Gipfel
    Keine im eigentlichen Sinne, höchster Punkt 3002m
    Höhe
    bis 3002m
    Gebirge
    Brenta
    Art der Tour
    Klettersteig
    Datum der Tour
    5. Juni 2022
    Ausgangspunkt
    Vallesinella, zurzeit kostenlos; auch ein super Übernachtungsplatz
    Gefahreneinschätzung
    mäßig
    Exposition der Route
    alle

    Traumwetter und Einsamkeit: Zwei überwältigende Tage in der Brenta


    Bitte den Gefahrenhinweis am Ende des Textes beachten!


    Meine Tourenpartnerin Claudia und ich sind am Freitag um 9 Uhr abends in Rosenheim gestartet und erst weit nach Mitternacht am PP in Vallesinella oberhalb von Madonna di Campiglio angekommen. Nach einer sehr kurzen Nacht im Auto (wird offensichtlich geduldet, da auch einige andere das gemacht haben,) ging es am Samstag auf eine große zweitägige Runde durch die Brenta.

    Route:

    1. Tag: Vallesinella - Bocca di Tuckett - Via Bocchette alte - Rifugio Alimonta - Bocca d ´Armi - Via Bocchette centrale - Bocca di Brenta - Rifugio Pedrotti/Tosa

    2. Tag: Rifugio Tosa - Sella di Tosa - Sentiero Brentari - Ambiez Gletscher - Bocca di Ambiez über Sentiero ideale - Sentiero Martinazzi - Rifugio Brentei - Sentiero Violi - Vallesinella

    Es werden dabei fünf Klettersteige (fett hervorgehoben) begangen, wobei die Schwierigkeit nicht über C hinausgeht; allerdings ist das sehr alpine Ambiente zusätzlich in Rechnung zu stellen, da mehrere Gletscher bzw. mittlerweile eher Eisfelder zu begehen sind.


    Bedingungen: Da haben wir richtig Glück gehabt! Meine Überlegung war, dass aufgrund des schneearmen Winters und der hohen Temperaturen in den letzen Wochen die Bänder schon schneefrei sein könnten und die Tour somit heuer auch so früh im Jahr machbar ist - die Hütten haben ja noch alle zu und öffnen erst in den nächsten 1-3 Wochen. Punktlandung: Es gab zwar hier und da noch (meist gefrorenen) Altschnee auf den Bändern, aber es war immer gerade so möglich, diesen gefahrlos zu um- oder übersteigen. Ich bin mir sicher, dass die Tour auch nur drei Tag früher noch nicht durchführbar gewesen wäre; bzw. wäre dann zusätzliche Seilsicherung nötig gewesen. Auf die Mitnahme eines Seils und Pickels (, der in meinen Augen eh nichts genützt hätte,) haben wir aber verzichtet, da die Rucksäcke mit Biwakausrüstung, Essen etc. schon so schwer genug waren. Im Zweifel hätten wir halt umdrehen/planen müssen. Für die Gletscherpassagen hatten wir vorsorglich Steigeisen dabei, mussten diese aber nicht einsetzen. Allerdings halte ich deren Mitführung in diesem Jahr für absolut obligatorisch, da bereits jetzt die Schneeauflage auf den Eisfeldern äußerst gering ist - dies gilt insbesondere für den südöstlichen Teil des Ambiez-Gletschers (also das Verbindungstück zwischen Sentiero Brentari und Sentiero ideale): Hier musste ich im Aufstieg schon ganz genau schauen, wo ich die Spur lege, da teilweise nur noch wenige Zentimeter Altschnee über dem Eis lagen.

    Die Belohnung für das "Wagnis der frühen Begehung" lag darin, dass wir das grandiose Herzstück der Brenta in absoluter Einsamkeit erleben durften: Auf den Klettersteigen haben wir innert zwei Tagen genau 4 Leute getroffen... Ein unglaubliches Erlebnis!


    Übernachtung: Auch hier war uns der Wettergott hold - wenn auch nicht der Winterraum-Gott... Wir wollten im "Winterraum" des Rifugio Pedrotti - es handelt sich dabei um die alte Tosa-Hütte - übernachten, doch oh Graus- wie schaut´s denn da aus: Feucht, nein eher nass: Wasser am Boden, Schimmel an den Wänden, der Decke, überall; kein Ofen, die Matrazen auch fein durchfeuchtet...

    Zu unseren Glück hatten wir Schlafsäcke, Kocher und einen großen Biwaksack dabei und konnten es uns so vor der Hütte im Gras gemütlich machen. Da die Nacht auch in 2500 Metern sehr mild und vor allem ohne Niederschlag war, wurde aus der Not eine Tugend mit eindrucksvollem Sternenhimmel und Sonnenaufgang um halb 6.

    Hinweis: An der Hütte selbst habe ich keine Quelle entdecken können, aber kurz vor dem Ende der Via Bocchette centrale gibt es eine (ein kleines Rohr im Fels sammelt das Wasser): Wir haben glücklicherweise hier alle unsere Trinkgefäße voll gemacht und mussten daher nicht "Penne alla Saharastaub" essen, was beim Schmelzen von Schnee in der Nähe der Hütte unweigerlich unser Mahl gewesen wäre...


    Gefahrenhinweis: Die Schlüsselstelle der Via Bocchette alte stellte ja in der Vergangenheit die "Eisrinne" dar. Das ist sie auch weiterhin, nur ohne Eis... Als wir letzes Jahr Ende Juli (siehe Bericht hierzu von mir auf Tourentipp) hier waren, gab es wenigstens noch Altschnee, wenn auch kein Eis mehr. Heuer ist diese Stelle schon komplett ausgeapert, was die Querung zwar technisch einfacher, aber auch viel gefährlicher macht: Auf einer Länge von etwa 30 Metern ist das Gestein total lose. Kurz vor uns passierte eine Dreiergruppe die Stelle (wir sahen sie nicht dabei, weil wir noch eine Biegung dahinter waren). Dabei kam es zu massivem Steinschlag - ob von ihnen ausgelöst oder einfach so abgegangen, weiß ich natürlich nicht. Richtig schlecht wurde mir, nachdem ich die Passage hinter mir hatte und sah, dass das Gestein rund um die mit Stahlseilen gut gesicherte Querung stark geborsten ist und unter der Querung sich ein Hohlraum gebildet hat. Wenn das mal abgeht, dann reißt es die ganzen Sicherungen mit!! Und in das instabile Gebilde läuft von oben permanent Wasser hinein... Wie gefährlich das Ganze ist, sieht man aber halt erst, wenn man drüben ist... Drei Kreuze, als Claudia unbeschadet rüber ist!!

    Ich denke, hier wird in kürzester Bälde Abhilfe geschafft werden müssen - zum Beispiel in Form einer Seil- oder Hängebrücke.


    Sonstiges: Diese Tour in zwei Tagen durchzuführen ist schon ziemlich stramm: Wir waren je knapp 10 Stunden unterwegs und ich möchte anmerken, dass Claudia und ich einfach sehr sehr fit sind. Dieser Tourenbericht möchte die Bedingungen in der Brenta aufzeigen, deren Vorzüge man mit mehr Zeit sicherlich noch besser genießen kann. Jeder in seinem Tempo!


    Bilder:


    1: Über Schnee geht es hoch zur Bocca di Tuckett.

    2: Dort kommen dann die ersten Leitern.

    3: Die Eindrücke in den Wänden sind immer gewaltig.

    4: Leitern gehören zur Brenta wie Masken zu Lauterbach.

    5: Die Schneefelder sind gerade klein genug.

    6: Die sackgefährliche Schlüsselstelle; von der anderen Seite aus fotografiert sähe es noch wilder aus. Das Foto hat meine Gefährtin gemacht - ich wollte sie bei der Aktion nicht fotografieren, um das Unheil nicht herauf zu beschwören...

    7: Minas Morgul :)

    8: Campanile Basso/Guglia di Brenta

    9: Crozzon di Brenta

    10: Biwak am Rifugio Tosa


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