- Gipfel
- Großer Lenkstein, Rosshorn, Große Ohrenspitze, Almer Horn
- Höhe
- 3236, 3068, 3101, 2986
- Gebirge
- Rieserferner (Defereggental)
- Art der Tour
- Bergtour
- Datum der Tour
- 29. Juli 2021
- Ausgangspunkt
- Alpengasthof Patsch, Zufahrt auf Mautstraße (8Euro) von Erlsbach. Wer bei der Mautstelle parkt und etwa 45 Minuten länger läuft, kann sich das Geld sparen.sic
- Gefahreneinschätzung
- mäßig
Moi wieda Rieserferner-Gruppe - aber dieses Mal von der anderen Seite.
Ich bin ja ein großer Liebhaber der Rieserferner-Gruppe und viele Male sah ich, am wunderschönen Arthur-Hartdegen-Weg oberhalb von Rein in Taufers wandernd, schon das Schild zu Lenkstein und Barmer Hütte, ohne dort bisher gewesen zu sein. Das habe ich in den letzten beiden Tagen geändert und bin - wie könnte es anders sein - begeistert. Die Barmer Hütte liegt im Osttiroler Teil des Rieserferner und ist am einfachsten aus dem Defereggental zu erreichen.
Tag 1: Vom Alpengasthof Patsch geht es durch das gleichnamige Tal zunächst auf einer etwas steileren Forstraße hoch, bevor sich das Gelände zurücklegt und man durch ein atemberaubend zauberhaftes Hochtal entlang des Bachlaufs durch lichte Lärchen- und Zirbenwälder wandelt. Oberhalb der Waldgrenze wird das Gelände bald wieder steiler und man erreicht die Ruinen der alten Barmer Hütte auf etwa 2500 Metern. Die jetzige liegt etwa 100 Meter höher, wird aber erstmal im wörtlichen Sinne links liegen gelassen, denn zum Lenkstein geht es nach rechts. Erst gemütlich den Hang querend, wird es bald steiler und vor der Rosshorn-Scharte gibt es ein kurzes versichertes Stück, das aber ohne KS-Set bewältigt werden sollte - wer hier eines braucht, kann sich den Lenkstein, an dem es keine Versicherungen gibt, eigentlich gleich abschminken... Nach der Scharte geht es einfach zum Fenner-Eck (3123m) hoch und dann schaut der Weiterweg erstmal recht wild aus - ist er aber nicht. Leicht ausgesetzt, aber auf perfekt angelegtem Weg erreicht man bei P. 3171m den Übergang von der Barmer zur Hochgallhütte. Dieser Übergang gehört nebenbei bemerkt auch zum Hartdegen-Weg. Nun eine kurze Strecke über ein harmloses Schneefeld, bis man kurz vor dem Lenkstein wieder die Felsen erreicht - zuletzt in schöner, einfacher Kraxelei (I) zum Gipfel mit grandioser Aussicht. Zurück geht es auf dem selben Weg; ich habe von der Scharte aus auch noch das Rosshorn mitgenommen (unschwierig, 30-40 Minuten Mehraufwand, lohnend) und bin dann zur Barmer Hütte.
Schwierigkeit: Bis zu den Versicherungen T2-3, danach T4; generell sensationell gute Steiganlage ohne die es in dieser "Steinwüste" recht unspaßig wäre. Da könnte man sich andernorts (Kampenwand...) eine Scheibe abschneiden! Bei gutem Wetter wie in den letzten beiden Tagen wirken die überbordenen Markierungen vielleicht übertrieben, aber wenn da mal Nebel reinzieht...
Barmer Hütte: Natürlich kann man die Tour bei entsprechender Kondition (2000 Höhenmeter inklusive Gegenanstiege) auch ohne Hüttenübernachtung machen, aber da würde einem schon etwas entgehen! Die Barmer Hütte ist im besten Sinne "urig": eine schöne, kleine Stubn mit Kachelofen und gemütliche Betten laden zum Verweilen ein. Die Atmosphäre, die Wirtin Monika Schatzer und ihre Helfer verbreiten, ist sehr familiär und herzlich - Das fängt bei interessanten Gesprächen und Hilfen bei der Tourenplanung an und endet auch nicht bei der Verkostung selbst gemachter Marmeladen- und Schnaps-Spezialitäten (Zirbe, Heu, Fichte!). Ich war schon auf vielen Hütten, auch auf vielen gut geführten, tollen Hütten, aber die Barmer sticht für mich da schon ein bisserl heraus!
Tag 2: Weil die Barmer Spitze zurzeit nicht begehbar ist (Steinschlag), bin ich auf Empfehlung von Monika auf die Große Ohrenspitze. Eine rassige Tour! Nachdem ich letzte Woche den Anstieg auf den Schneebigen Nock von der Rieserferner-Hütte mit T5+ bewertet habe, würde ich hier nun sagen T6-. Der Weg ist auch nicht ausgeschildert; man läuft zunächst auf dem Steig Richtung Jägerscharte/Almer Horn bis man zu einem Felsblock mit etwas kryptischen Zeichen (JS, AH, RS) kommt. RS steht dabei für Remscheidscharte und daher verlässt man hier den Steig nach rechts oben und kraxelt über Blockgelände, einzelnen Steinmännern oder deren noch zu erahnenden Überresten folgend, dabei ein größeres Schneefeld passierend hinauf bis in die Scharte. Ab hier ist der weitere Weg mit roten Punkten markiert (,weil da auch ein Steig aus dem Antholzer Tal hochkommt). Bald gelangt man zu einem wilden, mit einer Kette gesichertem Steilaufschwung, der es in sich hat: Frei wäre das IV-V; hoch teils einfach auf Reibung. I hob zwischendrin gmoant, dass es a bar Meter neba da Kettn bessa gangad, aber dann schnell gmerkt, dass i ned da Alexander Huber bin und wieda zur Kettn umegschliacha... Danach recht unschwierig zum Gipfel. Da Italiener dad zur Ohrenspitze sagen: Soltanto per escursionisti esperti...
Am gleichen Weg bin ich wieder zur Scharte zurück und dann aber über ein den Abstieg beschleunigendes großes Schneefeld zum Steig und über dieses zum Almer Horn (schöner Aussichtsgipfel, max. T3). Nun könnte man von dort zum Staller Sattel absteigen und mit dem Bus zur Mautstelle Patscher Tal, aber ich bin wieder zurück zur Hütte, um mir dort noch ein Bierflaschl mitzunehmen, das ich dann weiter unten am Bach im Lärchenwald genossen habe.
Nebenbei: Mit der Herzlichkeit, die ich auf der Barmer Hütte erfahren durfte, meine ich nicht jene professionelle "Herzlichkeit", die in vielen Bereichen des Gastro- u.ä.-Gewerbes um sich greift, wo nur so getan wird, als habe man das Wohl des Gastes/Kunden im Auge und nicht sein Geld! Ein flagrantes Beispiel ist mir hier eine Tiroler Bäckerei-Kette, die den gleichen Name wie ein bekannter Skitouren-Guru aus dem Sellrain hat (dieser hat mit der Bäckerei aber nichts zu tun). Wenn ich da etwas kaufe (die Backwaren sind m.E. echt gut), dann heißt es immer seit etwa 6 Monaten (da haben die Verkäuferinnen wohl alle eine Schulung zum Thema Kundenkontakt gehabt) "Sehr gerne". Egal, ob ich in einer Filiale im Zillertal, in Vomp, im Stubai oder wo anders bin - immer krieg ich alles sehr gerne und meistens dreifach gern. Ein typisches Gespräch: "Zwoa Muffins, bitte" - "Sehr gerne" - "Und an Gemüsestrudel" - "Sehr Gerne" - Und bitte no an Cappuccino zum Mitnehmen!" - "Sehr gerne". I kannt do echt aggressiv werden, wenn i ma denk: Ja klar, nichts täte die Verkäuferin lieber (also bei ihren Kindern sein, Sport machen etc.) als mir jetzt und in diesem Moment einen Gemüsestrudel zu verkaufen - sicher wollte sie schon als Kind nur immer sehr gerne Gemüsestrudel verkaufen...
Das ist natürlich nicht als Kritik an den Verkäuferinnen gemeint, die ja nur Vorgaben erfüllen, aber der Gedanke kam mir gestern/heute unwillkürlich, weil die Herzlichkeit auf der Barmer Hütte so schön war - die mussten mich nicht zum 4. Bier drängen, das wollte ich schon selber "Sehr gerne"!
Bilder:
1: Im malerischen Patscher-Tal
2: Perfekter Treppensteig oberhalb der Ross-Scharte
3: Vorbau des Lenkstein: schaut wilder aus als es ist.
4: Blick vom zu Hochgall und Magerstein/Schneebigem Nock
5/6: Dieser See entstand erst in den letzen Jahren in Folge der weitgehenden Abschmelzung des Südlichen Fleischbachkees.
7: Barmer Hütte
8: Stubn
9: Schlüsselstelle der Großen Ohrenspitze.
10: Wild- und Hochgall