Das Wichtigste vorneweg: Wir hatten heute einen Lawinenunfall in den bayerischen Voralpen, der zum Glück glimpflich ausgegangen ist - kein Personenschaden, nur Materialverlust.
Vom Parkplatz Winterstube bei Kreuth aus ging es zunächst zur Schwarzentennalm. Danach mussten wir mühsam spuren und haben das ursprünglich angepeilte Ziel - das Seekarkreuz - bald abgeschrieben. Wir sind hinauf aufs wohl nur wenigen Leuten bekannte Zwieseleck (1460 m), das ungefähr in der Luftlinie zwischen Spitzkamp und Buchstein liegt. Der unberührte Südhang machte im Aufstieg einen stabilen Eindruck, die Einzelabfahrt bei bis zu 35 Grad Neigung verlief problemlos.
Nachdem wir im Talboden den tief verschneiten Gurnbach überquert hatten, wollten wir über die Nordwesthänge auf die Hochplatte steigen, um von dort via Buchsteinhütte zurück zum Ausgangspunkt zu fahren. Doch so weit kam es nicht.
Die Schwierigkeit hatte sich schon aus der Ferne dargestellt: ein vertretbarer Ausstieg aus dem Kessel unterhalb der Hochplatte. Die Hänge mit NW-Exposition wirkten stabil, waren teils sehr kompakt und bei unserer Spuranlage gut 30 Grad steil. Bäume und Büsche wurden als "Ankerpunkte" berücksichtigt, der sanfte Rücken war zum Greifen nah.
Ich hatte die Spur gelegt, ein etwas steileres Hangstück traversiert und mich in sicherer Position zum Warten postiert - mein Tourenkamerad kam mit ca. 30 m Abstand hinterher (also keine Doppelbelastung). Trotzdem gab es plötzlich einnen Schrei, ca. 10 Meter oberhalb der Aufstiegsspur riss ein Schneebrett (ca. 70-80 cm Anrisskante ab) und riss meinen Skitourenpartner mit. Die Lawine war ca. 20 m breit, die Länge den Schneebrettabgangs betrug etwa 70 m.
Die Sache ging halbwegs gut aus:
a) Ich hatte meinen Tourenkamerad immer im Blick, konnte ihn beim Stillstand der Lawine optisch sofort lokalisieren.
b) Die Verschüttung reichte nur bis zur Brust, dank Schwimmbewegungen blieb der Kopf oben.
c) Der Schnee war nicht hart gepresst, sodass Markus sich ohne meine Hilfe sofort selbst befreien konnte.
Das Problem: Ein Ski und beide Stecken lagen unter den Schneemassen. Wir haben eine halbe Stunde danach gegraben (und sicherheitshalber, falls und jemend sieht, per Polizeinotruf mitgeteilt, dass wir KEINE Bergwachthilfe benötigen), aber leider michts gefunden.
Der Rückweg war bei einer Schneemächtigkeit von bis zu 2 m (ergab die Sondenmessung) mit einem Ski mühsam; Not macht erfinderisch, mit Tape klebten wir eine Lawinenschaufel unter den skilosen Schuh. TRotzdem blieb der Weg bis zur Schwarzentennalm eine Quälerei, aber gutes Wetter (windstill, niederschlagsfrei, einigermaßen warm) und ein ausreichendes Zeitfenster (drei Stunden bis zur Dämmerung) waren Garant dafür, daass wir nicht in die Bredouille gerieten. Ab der Schwarzentennalm erfolgte die Abfahrt auf geräumten Skiweg mit einem Ski.
Auf Foto 2 ist die Stelle, wo die Lawine abging, mit einem roten Pfeil gekennzeichnet. Wir hatten vorher noch den aktuellen LLB studiert, NW-Hänge waren demnach nicht unbedingt kritisch. Aber wir lernten daraus: Bei einem Dreier ist doch etwas mehr Defensive als heute angesagt. Vor allem aber: Wir hätten nie und nimmer gedacht, dass genau an dieser Stelle eine Lawine abgeht (100 Meter weiter schon eher). Deshalb der Rat an alle: Wiegt euch nie in Sicherheit, sondern nehmt immer LVS, Schaufel und Sonde mit!