Einmal alles hinter sich lassen und einfach draufloswandern, mehrere Tage unterwegs sein und sich von jeglichem Ballast befreien - auch was das schwere Gepäck angeht. Der Nockberge-Trail verbindet Genusswandern über mehrere Etappen, ohne dass man auf Komfort verzichten muss. Tourentipp-Autor Andreas Pagel hat diese großartige Wanderung für uns getestet.
Von Andreas Pagel
„Und jezad spiu ma a Polka,“ sagt Christian, während er zu seiner Steirischen Harmonika greift und seiner Frau Barbara zulächelt, die ihr Hackbrett bereits vor sich stehen hat. Wir sitzen im gemütlichen Gastraum der Neuen Bonner Hütte in den Nockbergen und lauschen der mal lustigen, mal melancholischen Musik, die das Ehepaar Brugger uns zu Ehren spielt. Die beiden sind Musiklehrer und haben sich ganz der traditionellen alpenländischen Volksmusik verschrieben. Also der „echten“: Kein Karl-Moik-Florian-Silbereisen-Roberto-Blanco-Gedudel, sondern schöne Musik, die sich wunderbar in die stille Bergwelt Kärntens einfügt. Dieser Musikabend bildet für uns den stimmungsvollen Auftakt einer mehrtägigen Wanderung auf dem Nockberge-Trail, die vom örtlichen Tourismusverband organisiert wird. Mit wechselnden Guides wollen wir drei Etappen dieser an sich achttägigen Durchquerung absolvieren – letztlich fällt aber der dritte Tag buchstäblich ins Wasser, sodass wir nur zwei Tage unterwegs sein werden.
Zunächst gestaltet sich das Wetter aber prachtvoll: Bei strahlendem Sonnenschein begrüßt uns am nächsten Morgen Elias, unser heutiger Wanderführer, der uns nach Innerkrems begleiten wird. Elias erweist sich botanisch als äußerst versiert, was sich auch darin niederschlägt, dass wir statt der normalerweise veranschlagten 5 Stunden fast 8 unterwegs sind. Es gibt ja so viele Pflanzen zu entdecken, so viele Geschichten zu erzählen. Fast vergisst man ob der botanischen Pracht das von der Tauernkönigin, der Hochalmspitze, dominierte Panorama zu würdigen. Eine besondere Pflanze ist dabei der an sich unscheinbare „echte Speick“, ein Baldriangewächs, das in der Naturkosmetik und -heilkunde Verwendung findet. Nur zwei einheimische Familien haben das Recht, im Jahr maximal 25 Kilo dieser seit 100 Jahren unter Naturschutz stehenden aromatischen Pflanze zu ernten.
Die Etappe von der Neuen Bonner Hütte nach Innerkrems steht im Grunde pars pro toto für den gesamten Nockberge-Trail. Liebliches Almgelände, malerische Bergseen, urige Wälder und sanft geschwungene Gipfelkuppen kontrastieren mit dem eher unschönen Anblick von Pisten und Liftanlagen im Sommer. Zwar ist das Skigebiet Innerkrems auf unbestimmte Zeit wegen Insolvenz geschlossen, doch auch bei Bad Kleinkirchheim und auf der Turracher Höhe bewegt man sich im Einzugsgebiet der Skigebiete und darf im Sommer mit dem entsprechenden Andrang der „Seilbahn-Wanderer“ rechnen. Ebenso typisch ist der Wechsel des Unterkunftstypus: Im Gegensatz zu anderen Bergregionen gibt es in den Nockbergen nur wenige Hütten mit Übernachtungsmöglichkeit, sodass man immer wieder auf Hotels im Tal angewiesen ist (zum Beispiel in Innerkrems oder Bad Kleinkirchheim).
Der Nockberge Trail wurde ursprünglich als Skidurchquerung ins Leben gerufen. Einen Artikel dazu, alle Etappen und GPS-Tracks findest du unter Nockberge-Trail-Skitour.
In Innerkrems verabschiedet sich Elias von uns und wir werden mit dem Taxi nach Bad Kleinkirchheim zum Startpunkt der 6. Etappe gebracht, wodurch wir mal eben locker flockig drei Etappen des Trails überspringen. Am nächsten Morgen folgt ein schweißtreibend südseitiger Aufstieg auf den Priedröf, den wir gemeinsam mit Florian, einem Ranger des Biosphärenparks Nockberge, angehen. Nun heißt es etwa eine Stunde ein bisserl wegschauen, um die Skigebietsanlagen auszublenden, bevor man nach dem mit erlesener Modernität prunkendem Bergrestaurant „Nock IN“ unvermittelt in einen urweltlich anmutenden Lärchenwald mit riesigen, flechtenbewachsenen Bäumen eintritt. Auf den ersten Blick würde man vielleicht meinen, Flechten zeigten Waldschäden an, doch ist das Gegenteil der Fall: Da sie sehr empfindlich auf Luftverschmutzung reagieren, sind Flechten ein Indikator für gute Luft und einen gesunden Wald.
Am Ende der Etappe befindet sich das schön gelegene, privat geführte Erlacherhaus, wo der Wanderer mit lokalen Spezialitäten wie der „Gelben Suppe“ (mit Safran) oder den „Kletzennudeln“ verwöhnt wird. Fast alle Produkte stammen hier aus der eigenen Viehwirtschaft oder Jagd. Beim Abendessen haben wir die Auswahl zwischen Wildgulasch oder Forelle, wobei wir uns einhellig für den Fisch entscheiden. Keine zwei Minuten später spaziert der etwa zehnjährige Sohn der Besitzer mit dem Kescher zum Teich und wiederum nur wenig später ist unser Essen gefangen. Leider schlägt in der Nacht das Wetter um, sodass die geplante Fortführung der Tour zugunsten eines Kultur- und Wellness-Programms am Millstätter See aufgegeben wird.
Allgemeine Infos zum Nockberge-Trail
Infos über Region, Geschichte, UNESCO, etc. des Biosphärenpark Nockberge
Millstätter See - Bad Kleinkirchheim - Nockberge Tourismusmanagement GmbH
Kaiser-Franz-Josef-Straße 49, A-9872 Millstatt am See
Tel. +43 (0) 4766 / 37 00-0, info(ät)mbn-tourismus.at
Internet:
Autor: Andreas Pagel
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