Klettersteiggehen boomt wie nie zuvor. Kein Wunder, denn bei dieser Bergsportdisziplin kombiniert man wie sonst nirgends Naturerlebnis, Klettern, ein wenig Abenteuer-Feeling bei stark begrenztem Risiko. Vor allem letzteres dürfte dazu beitragen, dass Klettersteige so angesagt sind. Doch begrenztes Risiko heißt nicht „kein Risiko“. Fehler können überall passieren und ein Sturz am Klettersteig ist trotz Stahlseilsicherung oft verletzungsträchtiger und damit gefährlicher als bei einer gut gesicherten Sportkletterroute. Daher ist es durchaus angebracht, bevor man mit dem Klettersteiggehen anfängt, einen Kurs zu belegen oder sich zumindest von einem erfahrenen Kletterer einweisen zu lassen. Kurse werden sowohl von den Alpenvereinen wie auch von Alpinschulen und Bergführern angeboten.
Zur Geschichte der Klettersteige - Hilfsmittel gab es schon zu Urzeiten, um die Verbindungswege in den Alpen - zum Beispiel von Alm zu Alm - gangbar zu machen. Früher waren diese Hilfsmittel jedoch nicht aus Eisen, sondern in der Regel aus Holz. Vor allem Leitern kamen hier zum Einsatz, ein Seil zur Sicherung war dagegen nicht üblich. Doch bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Klettersteige aus touristischen Gründen gebaut.
Im Jahr 1843 wurde unter der Leitung des Wiener Professors für Geografie, Friedrich Simony , der Dachstein mit Eisenstiften, Klammern, gemeißelten Tritten und einem Schiffstau erschlossen. Dieser Bau gilt als der erste richtige Klettersteig der Alpen. Es folgten Seilsicherungen am Großglockner (Österreichs höchster Berg) und ein Klettersteig auf die Zugspitze (Deutschlands höchster Gipfel). Hinzu kam in Deutschland der Heilbronner Weg und der Marmolata-Klettersteig in den Dolomiten.
Wie wild gebaut wurde dann im 1. Weltkrieg. Aus rein militärischen Gründen, um Soldaten zu postieren, um Stellungen einzurichten und mit Nachschub zu versorgen, wurden in Südtirol und Slowenien Steiganlagen gebaut, die heute touristisch genutzt werden und sehr beliebt sind. Ein ganz typischer Vertreter ist zum Beispiel der Toblinger Knoten Klettersteig.
Heute entstehen aus touristischen Gründen immer neue Klettersteige, was natürlich auch zu Kritik führt. Vor allem wenn traditionelle Kletterrouten einer Via Ferrata weichen müssen oder Naturschutz- oder Sicherheitsbelange betroffen sind, gibt es zu Recht Diskussionen.
Daher wurde in den vergangen Jahren von den Erbauern immer mehr von vornherein auf diese Fragen geachtet. Bereits im Vorfeld wurden z.B. Umweltgutachten und Expertenmeinungen eingeholt. Auch erste TÜV-geprüfte Klettersteige gibt es bereits. Gute Beispiele dafür sind der Stafflacher Wand Klettersteig bei St. Jodok am Brenner oder auch der Hausbachfall Klettersteig in Reit im Winkl. Letzterer wurde durch eine bereits erschlossene Schlucht gebaut und ist der erste TÜV-geprüfte Klettersteig Deutschlands.
Dieser Klettersteig in den Chiemgauer Alpen gibt jedoch auch einen anderen Trend vor. Klettersteige sollen dem Begeher ein landschaftlich spektakuläres Erlebnis bieten und das ohne langen Zustieg. Oft führen die Routen daher heute entlang von beeindruckenden Wasserfällen oder bieten atemberaubende Tiefblicke. Weitere Beispiel hierfür sind der Stuibenfall Klettersteig im Ötztal und der Dalfazer Wasserfall Klettersteig am Achensee.
Ein weiterer Trend ist das Klettersteiggehen mit der ganzen Familie. Doch Achtung, die Klettersteig-Sets, die Bremsen, sind für das Gewicht eines Erwachsenen ausgelegt und bieten daher für leichtgewichtige Kinder nicht ausreichend Schutz. Daher sollte man Kinder nur nachsteigen lassen und immer zusätzlich von oben mit einem Seil sichern.
Bei der Ausrüstung sind Helm, Klettergurt, Klettersteig-Set (Bremse) und Handschuhe Standard. Auch spezielle Schuhe für Klettersteige wurden von diversen Herstellern entwickelt.
Für die Schwierigkeitsbewertung der Klettersteige hat sich in der Literatur vor allem die Österreichische Skala von A (wenig schwierig) bis E (extrem schwierig) etabliert. Hier die einzelnen Stufen mit der jeweiligen Erklärung:
Leider konnte man sich bisher nicht - wie beispielsweise bei den Lawinenwarnstufen - länderübergreifend auf ein Bewertungssystem für Klettersteige einigen. Vom DAV gibt es einen sehr guten Überblick (siehe PDF) bezüglich der Schwierigkeitsstufen; dabei ist es möglich die System miteinander zu vergleichen.
PDF - Bewertungssysteme im DAV Überblick
Autor: Bernhard Ziegler