Lago di Lares

  • Gipfel
    kein Gipfel
    Höhe
    max. etwa 2700 Meter
    Gebirge
    Adamello-Presanella
    Art der Tour
    Bergtour
    Datum der Tour
    20. Juni 2022
    Ausgangspunkt
    Malga Genova im gleichnamigen Tal
    Gefahreneinschätzung
    mäßig

    Wie einsam kann es denn noch werden?


    Habe ich auch auf den Touren von Freitag bis Sonntag kaum andere Bergsteiger gesehen, so war die Bergeinsamkeit am Montag absolut, denn ich habe tatsächlich niemanden getroffen. Dies liegt aber nicht nur daran, dass Montag halt nicht Sonntag ist, sondern in diesem speziellen Fall auch an sicherheitsfixierten Bürokraten (und den dazugehörigen braven Bürgern, die so etwas auch noch goutieren). Mir hat meine gesunde Skepsis gegenüber jedweder Art von behördlicher Anordnung auf jeden Fall zu einer echten alpinen Sternstunde verholfen, denn am Beginn des Weges sind mehrere "Verfügungen des Bürgermeisters" oder so ähnlich (nur auf Italienisch) ausgehängt, die eine Begehung der Brücke über den Lares-Gletscherbach aus Sicherheitgründen untersagen. Ich dachte mir, ich werd schon irgendwie rüberkommen und bin einfach weiter gegangen. Nach etwa 90 Minuten wird die Brücke erreicht - ja, sie ist ein bisserl scheps und verzogen, aber in meinen Augen schon noch begehbar; vielleicht sollten Sumo-Ringer jetzt da keinen Stepp-Tanz machen, aber ansonsten ein klassischer Fall, dass sich Behörden aus Feigheit vor Leuten schützen, die nicht in der Lage sind, selbst alpine Situationen einzuschätzen, und dann vielleicht noch vor Gericht klagen. (Anmerkung: Bei Niedrigwasser kann man den Gletscherbach in meinen Augen auch recht unproblematisch ein paar Meter oberhalb der Brücke überqueren - bei aqua alta am Nachmittag, wenn viel mehr Schmelzwasser daherkommt, wird es da aber spannend...)

    Interessanterweise ist die bürgermeisterliche Vefügung schon ein Jahr alt (vom 24.06.21) und noch immer steht die Brücke...

    Ich habe leider die Befürchtung, dass an eine Ausbesserung der Schäden (mit ein paar Stahlseilen könnte man die Sicherheit ohne großen Aufwand erhöhen) nicht wirklich gedacht wird, da auch sonst der Weg durch die wenigen Begehungen schon ordentlich am Zuwachsen ist und offensichtlich nicht mehr wirklich in Stand gehalten wird. Es ist eben so, dass es im Lares-Tal keine beweideten Almen, geschweige denn bewirtschaftete Hütten gibt, sodass es wenig wirtschaftliches Interesse an der Wegerhaltung gibt. Es wäre aber unheimlich schade, wenn man diesen einzigartig schönen, abwechslungsreichen Weg gänzlich dem Verfall Preis geben würde. Ohne Steiganlage ist es in der extrem dichten Vegetation zwischen 1900 und 2300 Metern so gut wie unmöglich, sich fortzubewegen.

    Zur Route: Vom Parkplatz folgt man der Beschilderungen zu den Lares-Wasserfällen und in der Folge dem Weg 214 über die Malga Lares zum Lago di Lares, wobei man es nicht versäumen sollten, den jeweils kurzen Mehraufwand zu den beiden großen Wasserfällen (inferiore und superiore = unterer und oberer) auf sich zu nehmen. Vor allem der obere Wasserfall bietet bei der am Nachmittag viel größeren Wassermenge ein seltenes Spektakel, da er sich mit einem dermaßen großen Sprühnebel umhüllt, dass er selbst so gut wie unsichtbar wird. So was hab ich noch nie gesehen. Die Orientierung ist dabei einfach, da es ab der Brücke nur einen schmalen, zuwachsenden Pfad (durch sensationell abwechslungs- und blumenreiche Vegetation - auch ein Hochmoor wird gequert) gibt. Oberhalb der Baumgrenze gelangt man schließlich zu einer sehr weitläufigen, von Gletscherschliffen geprägten Hochebene mit kargem Pflanzenbewuchs. Hier wird es mit der Orientierung interessant, wenn auch nicht wirklich schwierig: Neben die rot-weißen Wegmarkierungen des Weges 214 treten nämlich einige Stoamandl-Routen. Zu meinem Glück (wie ich im Nachhinein merkte), bin ich recht farbenblind und habe ab einem bestimmten Punkt die richtige Markierung nicht mehr gesehen und bin Steinmännern in Richtung des Lares-Gletschers gefolgt - es handelte sich hierbei um eine Abkürzung des Weges 214, der über den Passo Pozzoni ins Val Germenga bzw. zum Rifugio Care Alto führt und dabei den Lares See auslässt. Wenn ich der richtigen Markierungen gefolgt wäre, hätte ich nur den schönen Lares-See gesehen, aber nicht das beeindruckende Schauspiel, das der mittlerweile leider zu Toteis gewordene untere Teil des Lares Gletschers bietet: Hier entsteht gerade ein neuer See, wobei das Toteisfeld immer noch mächtig ist und riesige Gletschermühlen zeigt. Zudem gibt es oberhalb des neuen Sees ganz wunderbare Ruheplätze an kleinen Gletscherschliff-Badewannen. Ich bin da über zwei Stunden in der Sonne gelegen...

    Beim Rückweg bin ich konsequent den farbigen Markierungen gefolgt und so auch noch am Lares-See vorbeigekommen.

    Fazit: Eine wahnsinnig schöne Tour, bei der die Wahrscheinlichkeit, einem Bären zu begegnen wohl höher ist als die, einen anderen Wanderer zu treffen. Auch ohne Gipfel für mich die schönste Tour bei meinem 5tägigen Aufenthalt im Adamello-Presanella-Gebiet!


    Bilder:


    1: Unterer Wasserfall

    2: Oberer Wasserfall am Morgen und

    3: am Nachmittag

    4: Die schepse, sumoringerfeindliche Brücke

    5: Oberhalb der Brücke scheint es nicht unmöglich, den Bach zu queren.

    6/7 Eine wunderschöne, aber auch gerne den Weg überwuchernde Pflanzenwelt.

    8: Lares-Gletscher mit dem neuen See

    9: Gletschermühlen im Toteis

    10: Lago di Lares


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