Radeln, wandern, klettern: Bei der Besteigung der Rumer Nadel (1374 m) über Innsbruck im südlichen Karwendel lassen sich alle drei Aktivitäten zu einer aussichtsreichen Tour verbinden.
Von Astrid Därr - Bilder: Astrid Därr & Klaus Kranebitter
Aus der Ferne hebt sich der Felssporn der Rumer Nadel unterhalb der Rumer Spitze (2454 m) kaum vom grauen Kalkstein, den dunklen Tannen und sattgrünen Bergwiesen der Umgebung ab. Doch je näher wir unserem Kletterziel rücken, desto markanter thront es wie ein erhobener Zeigefinger hoch über dem Inntal. Unsere Bike-, Hike- und Climb-Tour im Naturpark Karwendel am Südhang der Nordkette beginnt und endet im Herzen der Tiroler Hauptstadt. Ihren Namen verdankt die Rumer Nadel ihrer Lage in der Gemeinde Rum nordöstlich von Innsbruck. Für Kletterer, die nicht aus der Region stammen, ist die Rumer Nadel ein eher unbekanntes Ziel. Für die Einheimischen gilt sie dagegen fast als Klassiker: »Die Rumer Nadel ist ein netter, kleiner Kletterausflug. Ich bin hier schon als Teenager gerne hochgestiegen, wenn wir wegen des Wetters nirgendwo andershin konnten«, erzählt der Innsbrucker Bergführer und Fotograf Klaus Kranebitter.
Radtour zur Rumer Alm
Mit den E-Bikes zischen wir entlang des Innradwegs in Richtung Nordosten und genießen schon hier die grandiose Kulisse des Karwendels direkt über dem Fluss. Nach etwa 20 Minuten erreichen wir den Stadtteil Mühlau. Eine kleine Asphaltstraße führt durch den Wald hinauf zum Rechenhof (869 m). Hinter dem Gasthof folgen wir einer Forststraße in weiten Kehren bergauf in Richtung Rumer Alm und erhaschen schon einen kurzen Blick auf die Rumer Nadel. Mit den E-Bikes fühlt sich diese Bergetappe ungewohnt entspannt an, trotzdem geraten wir etwas ins Schwitzen. Die Rumer Alm (1243 m) ist mit einem großen Rad-Parkplatz, E-Bike-Ladestation und Getränkeautomat sehr gut auf Radler eingestellt. Den Genuss von Tiroler Spezialitäten auf der großen Sonnenterrasse heben wir uns jedoch für später auf. Stattdessen schwingen wir uns nach einer Trinkpause wieder auf den Sattel und strampeln den Schotterweg hinter der Alm etwa zehn Minuten bergauf. Ein kurzes, ausgewaschenes Steilstück entpuppt sich mit den schweren E-Bikes als kleine Herausforderung, dann deponieren wir die Räder an einem Stellplatz im Wald.
Genusskletterei zum Gartenzwerg
Ein grünes Schild »Roland Schuster Weg, Rumer Nadel« zeigt zu einem Grasabsatz, von wo wir unseren steilen Finger zum ersten Mal in voller Pracht bewundern. Auf einem schmalen, etwas zugewachsenen Steig queren wir die Wiesen- und Latschenhänge bis zur Rumer Nadel. Am nördlichen Fuß des Felsturms tauschen wird die Zustiegsschuhe gegen die Kletterpatschen, sortieren die Expressen, schlüpfen in den Klettergurt und schon steht Klaus für den Vorstieg der 30 Meter-Seillänge parat. Kleine Absätze, große Blöcke und gute Griffe garantieren eine leichte, genussvolle Kletterei ohne großen Nervenkitzel. Obwohl es am Vortag wie aus Kübeln regnete, fühlt sich der Kalkstein erstaunlich trocken an. Auf der Rumer Nadelspitze begrüßt uns ein ausgeblichener Gartenzwerg aus Ton. »Liab, oder?«, fragt mich Klaus grinsend und meint dabei sowohl das Zwergerl als auch die Kletterei. In einem Metallkästchen versteckt sich ein winziges Gipfelbuch. Das Panorama hinunter ins Inntal und zum Patscherkofel auf der gegenüberliegenden Seite könnte nicht schöner ausfallen.
Doch der coolste Teil der Tour liegt noch vor uns: Vom Standplatz auf dem Gipfel seilen wir uns mit den beiden 60 Meter-Halbseilen an der senkrechten Südseite der Rumer Nadel ab. Was für ein erhabenes Gefühl, hoch über dem Häusermeer von Innsbruck im Seil zu pendeln! Vom Wandfuß steigen wir in wenigen Schritten wieder zur Nordseite der Nadel hinauf, wo unsere Rucksäcke liegen. Und nur eine halbe Stunde später genießen wir leckere Spinatknödel auf der wunderbaren Sonnenterrasse der Rumer Alm. »Die Rumer Nadel ist immer eine feine Kletterei: angenehm, leicht, kurz«, schwärmt Klaus. »Und der Ausblick von diesem Stecknadelknopf ist einfach spektakulär!« Für die Rückfahrt mit den E-Bikes wählen wir den Herzwiesenweg, der zunächst auf etwa gleicher Höhe in Richtung Westen führt. Dann flitzen wir hinunter zur Bergstation der Hungerburg. Am Nachmittag bleibt noch Zeit für einen Bummel durch die charmante Altstadt von Innsbruck. Beim Blick nach oben auf die schroffen Felswände der Nordkette haben wir sie wieder verloren, die nur scheinbar unscheinbare Rumer Nadel.
Charakter
Einfache Biketour auf Fahrwegen bis zur Rumer Alm. Für die leichte Route auf die Rumer Nadel (eine Seillänge, UIAA 3+ bis 4) ist Klettererfahrung am Fels (Sicherung, Umlenken, Abseilen) notwendig. Es sind sechs Zwischensicherungen (Haken) und ein Standplatz am Gipfel vorhanden.
Ausrüstung
Biken, Wandern und Klettern – da heißt es konzentriert packen, um nichts zu vergessen! Knöchelhohe Zustiegsschuhe eignen sich fürs Bike und für den kurzen Steig zur Wand. Den Kletterhelm kann man auch bei der Abfahrt tragen.
Für die Kletterei ist folgende Ausrüstung sinnvoll:
zwei 60 Meter-Halbseile (ohne Abseilen reicht ein 60 Meter-Einfachseil)
Hüftgurt
Kletterschuhe
zehn Express-Schlingen
Sicherungsgerät
zwei lange, eine kurze Bandschlinge (Selbstsicherung, Verlängerung von Zwischensicherungen)
Reepschnur (Prusikschlinge beim Abseilen)
HMS-Karabiner, zwei Schraubkarabiner
Tourdaten
Auffahrt: 10 km, 700 hm, ca. bis Std. von der Altstadt über Mühlau zur Rumer Alm (1243 m), maximale Steigung ca. 18%, weitere 10 Min. bis zum Steig zur Rumer Nadel.
Zustieg: 15–20 Minuten auf dem Roland-Schuster-Steig.
Klettern: Eine Seillänge mit 30 m, UIAA 3+ bis 4, etwa 30 Minuten zum Gipfel.
Abfahrt: Von der Rumer Alm über den Herzwiesen- und den Rosnerweg zur Hungerburg. 9 km, 700 hm.
Gesamt: Ca. 770 hm, 19 km, 4 –5 Stunden
Einkehr
Rumer Alm, Telefon: + 436644276159, www.rumeralm.tirol. Auf der schönen Sonnenterrasse gibt´s Tiroler Hausmannskost und guten Kuchen.
Bikeverleih & Bergführer
Bike-Verleih: Die Boerse, Leopoldstr. 4, 6020 Innbsruck, Telefon: +43512581742, www.dieboerse.at