Mit 4500 Höhenmetern, fast 50 Kilometern Distanz und über 40 Grad steilen Abfahrtspassagen ist die „Große Berchtesgadener Reibn“ mit dem Funtenseetauern als höchstem Punkt eine der anspruchsvollsten Skitouren der Ostalpen. Idealerweise verteilt man die Umrundung von Königssee und Watzmann auf mindestens zwei Tage.
Über die Autobahn A 8 (München – Salzburg) bis zur Ausfahrt „Piding / Bad Reichenhall“. Weiter auf der B 20 via Bad Reichenhall nach Berchtesgaden. Nun nach Schönau am Königssee zur Talstation der Jennerbahn.
Anfahrt planen mit Google-Maps Ausgangspunkt:Talstation der Jennerbahn (gebührenpflichtiger Parkplatz) oder Hinterbrand.
Route:Hinweis: Wegen der Länge der Reibe und unter Berücksichtigung der Lawinengefahr (Tageserwärmung und Abfahrtzeitpunkt in den Steilhängen beachten!) empfiehlt sich, die Tour auf zweieinhalb Tage mit Übernachtungen im Carl-von-Stahl-Haus und im Kärlinger Haus zu verteilen – dieser Routenverlauf ist hier beschrieben. Extrem leistungsstarke Skibergsteiger packen die Tour auch an einem Tag an, allerdings von einem anderen Ausgangspunkt (Start spätestens gegen 4 Uhr nachts am gebührendpflichtigen Parkplatz „Hinterbrand“. Dazu fährt man in Berchtesgaden Richtung „Kehlsteinhaus / Rossfeldstraße“, vor der Seilbahn rechts hinauf und dann am Kreisverkehr Richtung „Scharitzkehl / Hinterbrand“; von dort in ca. 1,5 Stunden zum Carl-von-Stahl-Haus).
1. Etappe: Aufstieg zum Carl-von-Stahl-Haus (1736 m) am Torrener Joch. Entweder über die Skipisten des Jenner-Skigebiets zur Mittelstation sowie die Mitterkaseralm in den Sattel unterhalb (östlich) der Bergstation (bis dahin gut 2 Stunden). Oder Auffahrt mit der Jennerbahn I und II zur Bergstation (Preis: 15,90 Euro; Stand: März 2010). Von der Bergstation kurze Abfahrt in besagten Sattel. Nun ein Stück auf dem Kamm entlang, dann schräg rechts hinüber querend (teils leicht abfallend) in Richtung Schneibsteinhaus und oberhalb davon zum Torrener Joch mit dem Carl-von-Stahl-Haus (ca. ½ Stunde ab Bergstation).
2. Etappe: Vom Stahlhaus Richtung Süd-Südost durch den Latschengürtel hindurch, dann in einem leichten Rechtsbogen auf den Rücken und über diesen zum Gipfel des Schneibstein, wo abgefellt wird. Erste Abfahrt: Richtung Süd-Südwest über flache und breite Hänge in die Windscharte unterhalb des Windschartenkopfs (2211 m - anfellen) und über den nordostseitigen Gipfelhang empor. Das Gipfelkreuz erreicht man zuletzt von Osten her. Nun geht es bei der nächsten Abfahrt über den benachbarten Buckel des Schlumkopf (2203 m) hinweg und weiter Richtung Süden auf eine plateauartige Hügellandschaft zu, wo bei ein paar kleinen Felsen abermals angefellt wird. Moderat ansteigend geht es weiter, östlich am unscheinbaren Hochseeleinkopf vorbei auf den markanten Kahlersberg (2350 m) zu, den man aber deutlich links umgeht. Die Route verläuft Richtung Südosten bis kurz vor dem Kragenkopf nun ziemlich exakt auf der deutsch-österreichischen Grenze und dann in einem langen Linksbogen südwärts Richtung Wildalmriedl. Je nach Schneeverhältnissen kann es in Flachstücken effektiver sein, abzufellen und – teils schiebend – in dieser Passage zu fahren. Spätestens beim Aufstieg zum Wildalmriedel sind aber wieder die Felle nötig. Man steigt nicht bis zum Gipfel auf, sondern in einen flachen Sattel westlich davon (Steinmann), wo die Abfahrt in den Eisgraben beginnt. Dazu zunächst nach West-Südwest (leicht rechts) an den Plateaurand und durch eine kleine Senke, nun auf einem breiten Band weiter nach Norden (Rechtsknick) abfahren, bis ein Steilhang nach Süden in den Eisgraben leitet. Im unteren Teil dieses Steilstücks muss eine felsdurchsetzte Passage kurz abgeklettert werden; bei schlechten Verhältnissen bzw. Vereisung können hier Steigeisen nötig sein. Bei der weiteren Abfahrt quert man auf die linke (südliche) Seite des Eisgrabens und versucht, am Ende der Steilwände des Teufelshorns den Hang im lichten Wald möglichst hoch zu queren, um in eine Scharte südlich vom Lehlingkopf (markante Felswand) zu gelangen. Links an der Wand vorbei in teils abenteuerlicher Abfahrt zwischen kleinen Felsen hindurch bis auf etwa 1580 Meter Höhe. Es folgt ein längerer Anstieg: rechts vorbei an der Schönfeldwand, durch ein breites Kar nach Südwesten zur Blauen Lache (1816 m), links daran vorbei und weiter südwärts hinauf zu einem Rücken – dem Beginn der Langen Gasse, die nach Westen Richtung Leiterkopf (2369 m, markanter Felsgipfel) führt. Diesen lässt man rechts liegen, durchquert am rechten Rand die Steinige Grube und steigt an deren Ende über die steilen Südhänge (Vorsicht, je nach Tageserwärmung Lawinengefahr!) auf den Gipfel des Funtenseetauern (2579 m) - die letzten Meter zu Fuß (Skidepot). Vom Gipfel bzw. Skidepot ein kurzes Stück flach nach Westen. Nun traumhafte Abfahrt über anhaltend etwa 35 Grad steile Westhänge bis zum Stuhlgraben und weiter durch diesen bis zum Funtensee, an dessen Nordwestseite das Kärlinger Haus liegt (insgesamt etwa 25 km Distanz und 2400 Höhenmeter ab dem Carl-von-Stahl-Haus, circa acht Stunden).
3. Etappe: Vom Kärlinger Haus westwärts durch die Senke hindurch und an deren Ende schräg links hinauf in den lichten Wald bis zum Hirschtörl (1876 m). Kurze Abfahrt nach Westen in ein Tälchen, dann auf Fellen weiter westwärts über ein zunächst nur sanft ansteigendes Hochplateau auf den großen Hundstod zu. Deutlich rechts am Ingolstädter Haus vorbei bis zur Hundstodscharte südlich der mächtigen Felswände. Nach einer kurzen Querung nach Nordwesten zum Dießenbacheck steht eine schwierige Abfahrt an: Der 35 bis 40 Grad steile Westhang hinunter zum Hochwies-Talboden ist vormittags oft knüppelhart – stürzen sollte man hier nicht. Von der Hochwies zieht die Aufstiegsroute westwärts über nach Nordosten exponierte, sanft kupierte Hänge zur Gratschneide nördlich des Seehorns (2321 m), das Gipfelsammler noch mitnehmen können. In der Regel wird man dem Gratverlauf aber gleich nach Norden folgen zur österreichisch-deutschen Grenze westlich vom Großen Palfenhorn. Letztmals werden hier die Felle abgezogen – und wieder steht ein abfahrtstechnisch anspruchsvoller Abschnitt bevor. Die ersten Schwünge werden, direkt Richtung Norden, in ideal geneigte Hänge gezogen, bis sich diese verengen – leicht nach rechts abknickend erfolgt nun die Einfahrt in den Loferer Seilergraben. Hier sind stabile Lawinenverhältnisse unerlässlich! Der Loferer Seilergraben wird nach unten heraus immer steiler (leicht über 40 Grad) und enger, ehe er zum Wimbachgries hin ausläuft. Der weitere, lange Weg nordwärts das Wimbachtal hinaus bis zur Wimbachbrücke ist vorgegeben: Am besten möglichst oft in Schussfahrt in der Spur bleiben, um Schwung zu holen für Flachstücke. Je nach Schneelage wird man oft ab dem Wimbachschloss die Ski tragen müssen (vom Kärlinger Haus zur Wimbachbrücke etwa 21 Kilometer Distanz und 1200 Höhenmeter, ca. sechs Stunden).
Diese großartige Umrundung von Königssee und Watzmann zählt mit ihren weitläufigen Dimensionen und rassigen Abfahrten zu den schönsten und zugleich anspruchsvollsten Skitouren der Ostalpen. Die Länge der Etappen (allein vom Carl-von-Stahl-Haus zum Kärlinger Haus am Funtensee sind es 28 Kilometer Strecke und 2400 Höhenmeter) darf man konditionell nicht unterschätzen, zumal es unterwegs keinerlei Möglichkeiten gibt, die Trinkflaschen aufzufüllen – vier Liter Flüssigkeit für unterwegs sind ratsam. Mehrere Abfahrtspassagen von etwa 40 Grad Steilheit erfordern absolut stabile Lawinenverhältnisse sowie entsprechendes skifahrerisches Können. Die Orientierung ist schon bei Schönwetter nicht immer einfach (GPS mit eingespeichertem Track ratsam), bei Nebel oder schlechten Sichtverhältnissen kann sie auf den teils riesigen Plateauflächen zum ernsthaften Problem werden. Sinnvoll und einigermaßen stressfrei erscheint es, am ersten Tag abends das Nachtquartier im Carl-von-Stahl-Haus aufzusuchen, am zweiten Tag bei zeitigem Aufbruch (in der Regel 6 Uhr/Stirnlampe erforderlich) die intensivste Etappe zum Kärlinger Haus am Funtensee (bekannt als „Deutschlands Kältepol“) anzupacken und am dritten Tag die Tour bis zum frühen Nachmittag zu beenden. Tempo-Fetischisten absolvieren dieses Pensum auch als Tagestour, laufen dabei aber Gefahr, am Nachmittag bei eventuell kritischen Schneeverhältnissen über 40 Grad steile Hänge wie den Loferer Seilergraben befahren zu müssen. Als Gipfel (mit Kreuz) werden in der Regel Schneibstein (2276 m), Windschartenkopf (2211 m) und Funtenseetauern (2579 m) erreicht.
Lawinengefahr:Mittel auf weiten Teilen der Route, aber hoch in einigen Steilpassagen (Abfahrt Eisgraben, Aufstieg und Abfahrt Funtenseetauern, Abfahrt an der Hundstod-Westwand zur Hochwies und Abfahrt durch den Loferer Seilergraben – nur bei stabilen Verhältnissen!
Exposition:alle Richtungen
Gehezeit:insgesamt 12 bis 16 Stunden (Aufstieg und Abfahrt)
Tourdaten:3400 Höhenmeter im Aufstieg (mit Seilbahnbenutzung, sonst 4600 Hm), 4500 Höhenmeter in der Abfahrt; insgesamt 46 Kilometer Distanz (ab Bergstation Jennerbahn).
Beste Jahreszeit:Ende März bis Anfang Mai
Stützpunkt:1.) Carl-von-Stahl-Haus (1736 m) der OeAV-Sektion Salzburg, ganzjährig bewirtschaftet, 22 Betten und 70 Lager, Tel. +49/8652/6559922, Webseite von Stahl Haus
2.) Kärlinger Haus (1631 m) der DAV-Sektion Berchtesgaden. Telefon +49/8652/6091010. Im Winter leider nicht mehr geöffnet, es steht nur eine Notunterkunft, ein Schutzraum mit 12 Lagern zur Verfügung. Der Raum ist temperiert und die Lager sind mit Decken ausgestattet.Es ist eine Wintertoilette (Plumpsklo) vorhanden.Es gibt kein Wasser und keine Kochmöglichkeit. Info unter www.kaerlingerhaus.de
Seit dem 10. Februar 2010 ist der Mitterkaserweg samstags, sonntags und an gesetzlichen Feiertagen sowie in den bayerischen Faschingsferien für aufsteigende Tourengeher von 9.30 bis 16.30 Uhr gesperrt. (Gemeinderatsbeschluss). Diese problematische Engstelle ist Teil des Aufstiegs sowohl von der Talstation als auch von Hinterbrand aus – bitte berücksichtigen, denn bei Zuwiderhandlung sind Geldbußen angedroht (vgl. www.jennerbahn.de).
Karte:Blatt UK 25-1 (Nationalpark Berchtesgaden) vom Bayerischen Landesvermessungsamt, 1:25.000; DAV-Kartenblätter 10/1 und 10/2 (Berchtesgadener Land, 1:25.000)
Autor:Martin Becker
Auf dem Kartenausschnitt können Sie die Lage der Tour und die Anfahrt nachvollziehen. Soweit ein GPS-Track hinterlegt ist, dient die Karte auch als Routenskizze.
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